Wissenswertes zu Reet und Reetdächern
Schilf- oder Teichrohr (lateinisch Phragmites communis), im Volksmund auch Reet (oder: Reeth, Reth, Reith, Ried, Riet, Rohr u.ä.) genannt, gehört zu den ältesten Bedachungsmaterialien des sesshaft gewordenen Menschen. Funde am Bodensee belegen, dass Reet bereits 4000 v. Chr. zum Einsatz kam. Seine Eigenschaften als Wasserpflanze, seine lokale Verfügbarkeit und die leichte Verarbeitbarkeit führten zu seiner weiten Verbreitung.
Die ersten Dächer aus Reet waren einfache Eindach-Häuser. Im Mittelalter ging man durch die dichtere Städtebebauung und der daraus resultierenden höheren Brandgefahr von dieser Dachdeckung ab. Zum Einsatz kamen vermehrt Hartdächer. Dennoch erfreuen sich Reetdächer nach wie vor großer Beliebtheit. Sie gibt es nicht nur an Deutschlands Küsten. Auch im Spreewald und in der Mark Brandenburg hat das Rohrdach eine lange Tradition. Trotz Verdrängung durch den Ziegel, prägen Reetdächer nach wie vor das Landschaftsbild.
Im Spreewald wurde traditionell mit dem sogenannten Rogos Kolbenrohr und Stroh (Roggen oder Weizen) gedeckt. Heutzutage benutzt man jedoch auch hier überwiegend Schilf. In zunehmendem Maße wird man sich dieser alten Bautraditionen wieder bewusst. Die Zahl der Bauherren, die sich für ein Reetdach entscheiden, wächst. Auch im Berliner Raum ist dieser Baustoff nicht abwegig. Gerade in den villenreichen Stadtgebieten wollte man zeigen, dass man einen besonderen Geschmack hat und versah einige stattliche Villen, ja sogar einen U-Bahnhof, mit dem natürlichen Material.
Ernte, Verarbeitung und Bündelung
Reet bedeutet feuchte Niederung, mit Schilfrohr bedeckt. Das an Ufern oder auf sumpfigen Gelände wachsende Schilfrohr wird einmal im Jahr im Winter bei Frost geerntet. Erst, wenn die Blätter welk sind und die Halme saftlos, lässt sich das Rohr gut schneiden. Nach der Ernte wird es gekämmt und von Gras bzw. anderen Verunreinigungen gesäubert. Danach wird es zur Weiterverarbeitung getrocknet und gebündelt.
Nicht jede Reetsorte eignet sich zum Dachdecken. Dafür müssen die Halme besonders lang, stabil und widerstandsfähig sein, so dass sie beim Biegen nicht sofort brechen. Zudem sollten sie einen gelben bis braunen Farbton aufweisen.
Ein Bund Reet besitzt einen Durchmesser von ca. 60 cm. Es wird in drei Längen angeboten – kurz, mittel und lang. Kurzes Reet ist bis zu 1,50 m lang und im Halmdurchmesser maximal 6 mm dick.
Bei mittellangem Reet beträgt die Halmlänge etwa 1,80 m und der Halmdurchmesser 3–9 mm. Langes Reet wird auf maximal 2,30 m zugeschnitten und besitzt einen Halmdurchmesser von 6–12 mm.
An welcher Stelle des Daches die verschiedenen Längen zum Einsatz kommen, weiss nur ein erfahrener Rohrdachdecker. In der Regel wird kürzeres Reet für die Walme sowie unter den Gauben verwendet. Für die Dachflächen und Gaubendeckel greift man dagegen überwiegend auf längeres Reet zurück.
Obwohl Reet oberflächliche Feuchtigkeit verträgt, muss bei der Weiterverarbeitung sicher gestellt werden, dass das Bundinnere stets trocken ist. Andernfalls könnte sich Schimmel bilden, der das Material unbrauchbar macht. Vom Fachmann gedeckte Reetdächer halten im Schnitt 25–40 Jahre, in Ausnahmefällen sogar bis zu 100 Jahre.
Woher beziehen wir unser Reet?
Heimisches Reet deckt bei Weitem nicht mehr den deutschen Bedarf ab. So werden die Halme beispielsweise aus Dänemark, Holland, Polen, Ungarn, Rumänien, der Türkei, ja selbst aus China, importiert. Man gruppiert sie nach dem Herkunftsland, Abbaugebiet und Schnittjahr.
Die klimatischen Gegebenheiten der jeweiligen Anbauregion beeinflussen maßgeblich die Eigenschaften des Materials. Positiv wirkt dabei das warme kontinentale Klima Südeuropas. Reet aus Rumänien oder der Türkei zeichnet sich durch besonders harte Halme und eine kräftige gelbe Farbe aus. Im Verhältnis zur Länge sind die Halme bei diesen Sorten relativ dünn. Reet aus Ungarn besitzt einen harten bis mittelharten Halm.
Je weiter nördlicher man sich bewegt, desto weicher werden die Halme, was jedoch keinen Nachteil darstellt. Reet aus Polen ist, verglichen mit einheimischen und südeuropäischen Sorten, die preisgünstigste Alternative.
Wir beziehen unser Reet von der HISS REET Schilfrohrhandel GmbH, einem traditionellen Familienunternehmen aus Bad Oldesloe. Das Unternehmen handelt bereits seit den 1920er Jahren mit Schilfrohr und enwickelte sich zu einem der größten Schilfhändler Deutschlands. Es besitzt Tochterunternehmen in der Türkei, Rumänien und Ungarn. Auch wenn alle Niederlassungen eigenverantwortlich arbeiten, vereint sie ein Grundsatz – nachhaltiges Wirtschaften zum Wohle der Natur.
Welche Eigenschaften besitzt ein Reetdach?
Gegenüber konventionellen Baumaterialien bietet Reet eine Fülle an positiven Eigenschaften, die es zu einem optimalen Naturbaustoff machen. Rohr ist ein nachwachsender Rohstoff mit sehr guten Klimaeigenschaften. Er dämmt perfekt Wärme. Verantwortlich dafür ist der hohe Luftanteil zwischen den einzelnen Halmen. Dieser bildet einen Isolationsraum und sorgt somit für einen minimalen Wärmeverlust. Entsprechend gleicht ein Reetdach, verglichen mit einem Hartdach, auch deutlich besser die Temperaturschwankungen im Tag- und Nachtwechsel aus. Im Sommer bleibt es unter einem Reetdach angenehm kühl, im Winter mollig warm. Das steigert nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern hilft auch, Energiekosten einzusparen.
Berücksichtigt man den Umstand, dass sich die Heizkosten zwischen 2002 und 2012 für einen durchschnittlichen Haushalt um mehr als ein Drittel erhöht haben, macht die Eindeckung mit Reet durchaus Sinn. Auf lange Sicht ist ein rohrgedecktes Dach nicht teurer als ein herkömmliches Ziegeldach. Ganz im Gegenteil. Es ist zudem noch sturmsicher und absorbiert deutlich effektiver störenden Verkehrs- und Fluglärm.
Reet versprüht nicht nur einen warmen individuellen Charme, sondern auch keine Chemie im Haus. Als unbehandelter Naturbaustoff ist es frei von Schadstoffen und kein Auslöser für gesundheitliche Belastungen oder Allergien. Darüber hinaus ist Reet leicht zu entsorgen. Von der Produktion, über die Nutzung bis hin zur Entsorgung hinterlässt es einen deutlich kleineren ökologischen Fußabdruck als ein Hartdach.
Für Reetdächer gibt es auch finanzielle Anreize vom Staat. Zur Förderung der Kulturlandschaft wurden in Norddeutschland und in Brandenburg, speziell in der Spreewaldregion, Projekte initiiert, die den Erhalt von Reetdächern unterstützen. Gefördert werden beispielsweise Bauwerke, die umgenuzt werden sollen bzw. unter Denkmalschutz stehen.
Welche Reetdächer gibt es?
Ein Reetdach kann verschieden gefertigt werden. Dabei unterscheidet man grundesätzlich in drei Kategorien: gebunden, genäht und geschraubt.
Beim gebundenen Dach beginnt der Reetdachdecker von der Traufe aus Lage für Lage Reetbunde an der Lattung zu befestigen. Hierzu legt er die Bunde auf die Lattung und darauf einen 5 mm dicken verzinkten Rundstahl (Schacht- oder Dickdraht) parallel zur Lattung auf die Bunde. Dann bindet er den Schachtdraht alle 20 bis 25 cm mit Bindedraht locker an der Lattung fest. Nach dem Öffnen der Bunde klopft er die Enden des Reets mit dem geriffelten Klopfbrett in Lage der vorgegebenen Dachneigung. Danach muss er den Bindedraht anziehen, um das Reet mit dem Schachtdraht auf die Lattung zu drücken. Den Bindedraht verknotet er über dem Schachtdraht oder dreht ihn einfach zusammen.
Statt eines Bindedrahtes kann auch eine Schraube verwendet werden, um die mittig ein Draht gewickelt ist. Diese wird mit Hilfe einer Schraubverlängerung in die Lattung geschraubt. Bei dieser Methode spricht man von einem “geschraubten” Dach.
Aufwändiger als beim gebundenen Dach, gestaltet sich der Arbeitsvorgang für ein genähtes Dach. Hier näht ein Reetdachdecker von außen und ein weiterer (“Gegennäher”) von innen die Bunde mit einem nicht rostenden, kunststoffbeschichtetem oder feuerverzinkten Stahldraht von der Rolle fest. Mit einem speziellen Haken kann der Reetdachdecker aber auch die Aufgabe des Gegennähers einfach selbst übernehmen.
Welche Werkzeuge werden zum Decken benutzt?
Schmuckstücke - Was kommt auf den Giebel?
Ursprünglich wurden die meisten Dächer traditionell mit Stroh, seltener mit Reet, gedeckt. Um zu vermeiden, dass der Wind die Kanten (First, Grat) ausfranst, wurden sie mit Windbrettern (auch: Windfedern oder Ortbrett genannt) eingefasst. Nach und nach begann man diese zu verzieren, um so weithin sichtbar Schutz für das Haus und die Ernte zu erbeten. Zu den wichtigsten regionalen Schmuckelementen zählen:
Im Spreewald werden die Giebel traditioneller Blockbohlenhäuser seit Anfang des 18. Jahrhunderts mit einem Paar gekreuzter Schlangenköpfe geschmückt. Schlangen, insbesondere die Ringelnatter, gelten hier seit langem als gute Tiere und Hausgeister. Dieser Glaube geht auf die Sage vom „Schlangenkönig“ zurück. Mit diesem spreewaldtypischen Symbol erbitten sich Hausbesitzer Schutz, Glück und Wohlstand für das Haus und seine Bewohner. Die Formen der Schlangenköpfe unterscheiden sich von Ort zu Ort.
Pferdeköpfe sind vor allem in Norddeutschland und Niedersachsen anzutreffen. Sie werden häufig mit dem Pferdekult der Sachsen in Verbindung gebracht. Die Verehrung des Pferdes ist jedoch deutlich älter. Sie findet ihren Ursprung in der indogermanischen Mythologie. Die Anordnung der Pferdeköpfe (nach außen oder innen gewendet) gab Auskunft darüber, ob der Hausbesitzer verheiratet oder unverheiratet ist. Zudem dienten die Verzierungen dazu, Besitz- und Standesunterschiede deutlich zu machen.
Walm- und Satteldächer traditioneller Häuser besitzen oft ein Eulenloch (norddeutsch auch Ulenflucht oder Ulenlock bezeichnet). Vor Einführung des Schornsteines diente diese Öffnung unterhalb des Firstes in erster Linie als Rauchabzug. Zugleich verschaffte das Flugloch jagenden Nutztieren wie Schwalben und Eulen Zugang zu einem besonderen Jagdrevier, dem Dachboden.
Stierhörner und Ochsenschädel sind in den Alpen, der Schwarzwald-Region und Mecklenburg-Vorpommern weit verbreitet. Sie sind alte Symbole der Kraft und Fruchtbarkeit. Ursprünglich wurden echte Tierschädel auf Stangen neben dem Haus aufgestellt, um das Böse abzuwehren, welches Haus, Hof und Vieh bedrohen könnte. Ab dem 16. Jahrhundert ersetzte man allmählich die Tierschädel durch geschnitzte Schädel an den Windbrettern.
Dachgauben
Die Dachgaube ist der geneigte Teil des Daches. Sie vergrößert den nutzbaren Raum des Dachgeschosses und dient zur Belichtung und Belüftung der Dachräume. Aus diesem Grund werden die Flächen mit Fenstern versehen. Sie können verschiedenartig gestaltet sein. Gängige Formen sind:
Firstarten
Der Dachfirst (auch kurz First genannt) ist die meist waagerechte obere Kante eines Daches. Auch bei gewölbten, runden oder tonnenförmigen Dachkonstruktionen verläuft der First am Scheitelpunkt des Bogens. Er ist der höchste Punkt des Daches und besonders stark der Witterung ausgesetzt. Daher sollte er nur von einem Fachmann eingedeckt werden.
Brandschutz
Mit der Einmaligkeit eines Reetdaches ist leider eine erhöhte Brandgefahr verbunden. Daraus resultieren auch die geltenden Grenzabstände für weiche Bedachungen in den jeweiligen Landesbauordnungen. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten die Brandgefahr zu mindern, beispielsweise durch die Verwendung von Brandschutzplatten oder durch eine Imprägnierung. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz eines Sepatec® Brandschutzsystems. Es kann bis zu einer 30%igen Verringerung Ihrer Versicherungsprämie führen. Als Nachweis erhalten Sie für die Versicherung und/oder Behörde ein entsprechendes Zertifikat.
PRO
preiswerte temporäre Brandschutzlösung
CONTRA
Aufbringen von Magma Firestop mehrmals notwendig, dadurch kostenintensiv, Ausführung mit Zertifikat nur durch Fachbetrieb möglich
PRO
Promatec-T Brandschutzbauplatten sind mechanisch hoch belastbar und dimensionsstabil
CONTRA
sehr kostenintensiv und aufwendig zu verarbeiten, schützt nur das Bauwerk aber nicht die Reetdeckung
PRO
Kostengünstig, leicht und schnell zu verlegen, Versicherungsersparniss durch Zertifikat möglich, wir sind ein Zertifizierter und geschulter Fachbetrieb
CONTRA
Ausführung der Reetdachdeckung nur in Schraubtechnik möglich